GESCHICHTE DER SPRACHINSELORTE

Wie der ganze Großraum Brünn war auch das Gebiet der Sprachinselorte bereits seit der Altsteinzeit fast ständig besiedelt, bisher ältester Fund in Morbes, Artefakt (Faustkeil) aus der Zeit vor ca. 400 000 Jahren. Älteste Indoeuropäer waren die keltischen Bojer, ihnen folgten ab etwa Christi Geburt die germanischen Quaden bis zum Beginn der Völkerwanderung, später einige Jahrzehnte die Langobarden (bis 526 n. Chr.). Um 550 strömten die ersten Slawen vom Stamm der Morawer in das Land. Der Name Moravany (Morbes) wird mit ihnen in Verbindung gebracht. Nach dem Zerfall des Großmährischen Reiches verschiebt sich das Machtzentrum nach Böhmen. Fränkische und später deutsche Oberhoheit besteht bereits seit 806, Lehenshoheit über die ,,Länder der böhmischen Krone" ab etwa 950. Friedrich I. (Barbarossa) erhebt Mähren zur reichsunmittelbaren Markgrafschaft. Im Zuge der so genannten Ostkolonisation siedelten die einzelnen Grundherren deutsche Bauern und Handwerker aus Niederösterreich in den zwar schon bestehenden, aber mit großer Wahrscheinlichkeit verödeten Sprachinselorten an. Die ersten urkundlichen Erwähnungen im 12. und 13. Jahrhundert (Mödritz bereits 1131) belegen schon das Bestehen deutscher Gemeinwesen. Die Frage, ob sich Reste der Langobarden und Quaden bis zur deutschen Wiederbesiedlung gehalten haben, ist sehr umstritten. Da die einzelnen Dörfer zu verschiedenen Grundherrschaften und geistlichen Obrigkeiten gehörten, verlief auch ihre politische und wirtschaftliche Entwicklung unterschiedlich. Bei allen zeigte sich aber sehr bald der starke Einfluß des wirtschaftlichen Zentrums Brünn.

1526 werden Böhmen und Mähren habsburgisch. Neuordnung der kirchlichen Verwaltung 1757 durch Einrichtung des Landdekanats Mödritz (Morbes bleibt beim Dekanat Alt-Brünn), und 1776 durch die Gründung des Bistums Brünn. Die politische Verwaltung bleibt dagegen auch nach den Reformen Maria Theresias und Josephs II. bei den einzelnen Grundherrschaften. 1805 Schlacht bei Austerlitz mit Einquartierung französischer Truppen.

Erst die Aufhebung der Grunduntertänigkeit 1848/49 macht den Aufbau einer kommunalen Selbstverwaltung und Vereinheitlichung der Verwaltungsstrukturen möglich. Als unterste Verwaltungsbehörde fungieren Bezirkshauptmannschaften, z. B. Brünn-Umgebung, später Bezirk Brünn-Land (siehe oben).

Nach der Schlacht bei Königgrätz Besetzung durch preußische Truppen, die die Cholera einschleppen; viele Todesopfer, vor allem in Morbes.

Mit der Gründung der Tschechoslowakischen Republik 1918 Beginn einer neuen Ära in einem nicht mehr deutschen Staat. Die letzte Volkszählung zum 01.01.1931 zeigt folgendes Bild:

Gemeinde Einwohner davon Deutsche Prozent
Maxdorf 421 220 53
Mödritz 2509 1780 71
Morbes 704 538 76
Brünn-Priesenitz 660 469 71
Schöllschitz 1115 981 88
Summe 5409 3988 74

1939 Einmarsch der deutschen Wehrmacht, Bildung des Reichsprotektorates Böhmen und Mähren. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges immer häufigere Einberufungen zum Wehrdienst und hohe Kriegsverluste.

31. Mai und 1. Juni 1945 Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Sprachinselorten, ausgenommen Schöllschitz, durch den "Brünner Todesmarsch", Einzelheiten siehe dort. Die Schöllschitzer mußten das Dorf erst im Januar 1946 im Zuge der ,,regulären" Vertreibung verlassen. Damit hatten die deutschen Sprachinselorte bei Brünn aufgehört zu bestehen. Was etwa 25 Generationen in 700 bis 800 Jahren geschaffen hatten, war in wenigen Wochen dahin.

Mehr über die Entstehung und Entwicklung der einzelnen Sprachinselorte wenn Sie die einzelnen Ortsgemeinschaften anklicken.

Ortsgemeinschaft Mödritz Ortsgemeinschaft  Morbes
Ortsgemeinschaft Priesenitz Ortsgemeinschaft Schöllschitz

Juli 2001/ Gottfried Kellner