Heimatgemeinde MORBES   

Das südwestlich von Brünn liegende Dorf, ca. 2,5 km vom Stadtrand entfernt, ist über die südliche Ausfallstraße (Richtung Wien) und eine westliche Abzweigung gut zu erreichen. Direkt vom Dorf aus (Feldweg) oder über den immer schon tschechischen Nachbarort Nebowid (Nebovidy) besteht eine Verbindung zum landschaftlich sehr reizvollen Obrawatal.

Geschichte: Die Vorgeschichte des Dorfes reicht weit in die ältere Altsteinzeit zurück (400 000 Jahre alter Faustkeil), aus ihrer jüngeren Periode, vor ca. 40 000 Jahren, Nachweise von Mammutjägern im Obrawatal. Funde aus der Jungsteinzeit, der Bronze- und der Eisenzeit sowie aus den späteren vorgeschichtlichen Kulturepochen belegen die fast ständige Besiedlung der Morbeser Gemarkung. Den keltischen Bojern und den germanischen Quaden und später Langobarden folgen ab ca. 550 n. Chr. die slawischen Morawer. Der tschechische Name des Dorfes, Moravany, geht eventuell auf sie zurück.

Um 1200 deutsche Neubesiedlung des wohl aufgelassenen Dorfes durch Bauern aus dem Waldviertel in Niederösterreich. Sie werden ins Land gerufen und nach deutschem Recht angesiedelt von den Herren von Knieschitz, den damaligen Morbeser Grundherren. Diese erbauen auch die erste Pfarrkirche und richten eine eigene Pfarrstelle ein.

Erste Erwähnung des Dorfes in der Urkunde vom 11.11.1289, ausgestellt von Dietrich von Knieschitz, über die Verleihung (Neuverleihung?) des Patronatsrechts der Pfarrkirche. 1307 Nennung des Richters Ulrich von Morbes. Über die Herren von Schwabenitz gelangt das Dorf für einige Jahrhunderte in das Eigentum des neu gegründeten Klosters Maria Saal in Alt-Brünn (Zisterzienserorden).

Während der zweiten Schwedenbelagerung Brünns wird Morbes am 23.05.1645 niedergebrannt, die Kirche ausgeraubt. Laut Lahnenregister von 1673 sind 43 ,,Gründe" (Vollbauernstellen) vorhanden. An zwei Weinbergrieden der Gemarkung sind auch viele Eigentümer aus den Nachbarorten beteiligt. 1710 nach einer generellen Landvermessung Neuaufteilung des Grundbesitzes. Vorher lagen alle Felder eines ,,Grundes" unmittelbar beim Anwesen. Seither ständige Erweiterung der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Die Urkunden nennen ab 1749 neben den Richtern auch Bürgermeister des Dorfes. Robot (kostenlose Arbeitsleistung für den Grundherren), Grundzins und kirchlicher Zehent, dazu die neu eingeführten staatlichen Steuern führen zu einem Bauernelend größten Ausmaßes. Der große Brand im Jahre 1758 vernichtet neben einem Teil des Dorfes auch die Kirche bis auf den Turm und zwei Außenmauern. Wiederherstellung durch Umbau von Grund auf und Verkürzung des Turmes auf seine jetzige Form. Im Zuge der Reformen Josephs II. wird das Kloster Maria Saal aufgelöst. Die Grundherrschaft mit dem Dorf Morbes geht in private Hände über, zuletzt bis 1849 an die adelige Familie Schönburg-Hartenstein.

1866 nach der Schlacht bei Königgrätz Einquartierung preußischer Truppen, die die Cholera einschleppen. 39 Todesfälle in drei Wochen machen die sofortige Anlage eines neuen Friedhofes erforderlich.. Die Gemeinde bleibt 1918 in der neuen Tschechoslowakischen Republik auch nach der Bildung von Groß-Brünn selbständig, ebenso nach 1939 im Reichsprotektorat Böhmen und Mähren.

1929 werden gegen den erbitterten Widerstand der Gemeinde etwa 12 tschechische Familien in dem neuen Ortsteil Morbes-Neudorf; an der Gemarkungsgrenze zu Brünn, angesiedelt.

Kirche und Schule: Die im 13. Jahrhundert eingerichtete Pfarrgemeinde mit Kirche und Pfarrhaus besteht unverändert. Die seelsorgerische Betreuung, auch für die wahrscheinlich 1643 eingepfarrte Nachbargemeinde Nebowid (Nebovidy), erfolgt jetzt durch die Kirche der hl. Maria Magdalena in Brünn.

Bereits seit mindestens 1646 wird im Dorf durch einen ansässigen "Schulmaster" regelmäßiger Schulunterricht erteilt (Matrikeleintrag). 1735 erbaut die Gemeinde ein eigenes Schulhaus, 1811 ein neues an anderer Stelle. 1888 wird das heute noch genutzte Schulhaus errichtet, in dem in zwei Räumen von zwei Lehrkräften ursprünglich acht, zuletzt nur noch fünf Jahrgänge unterrichtet werden. Im gleichen Gebäude besteht seit 1919 ein Kindergarten, Träger ist der Deutsche Kulturverband.

Wirtschaft: Morbes war überwiegend ein Bauerndorf mit Mittel- und Kleinbetrieben (4-10 ha, zum Teil auch größer). Das Handwerk war vor allem durch Hufschmied, Bäcker Tischler, Schuster, Wagner, Schneider und Friseur, das Gewerbe insbesondere durch zwei Gasthäuser und zwei Gemischtwarenhandlungen vertreten.

Vereine und Genossenschaften: Ein reges Vereinsleben gestaltet sich in den örtlichen Vereinen. Neben der unerlässlichen Feuerwehr bestehen ein völkischer Turnverein und ein Männergesangverein, daneben als Genossenschaft eine Spar- und Darlehenskasse.

 

Am 1. Juni 1945 Ende des deutschen Dorfes Morbes durch Vertreibung der deutschen Bevölkerung im ,,Brünner Todesmarsch".

1972 Zusammenschluß der vertriebenen Morbeser, die vor allem in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen leben, in der Ortsgemeinschaft Morbes. Regelmäßige Heimattreffen. Beim ersten gemeinsamen Besuch des Heimatdorfes Einweihung einer auf dem Kirchhof errichteten Gedenkstätte.

Literatur: Kellner, Gottfried. MORBES: Bde. IA, IB, II, 111.1997 Ortsgemeinschaft Morbes, Eigenverlag - ISBN 3-00-000291 -x
Sebela, Lubomir. MORAVANY 1289-1989.. Hg. JZD Bobrava Moravany u.a. Brünn 1989
Kontaktadresse: Ortsgemeinschaft Morbes, Obmann Gottfried Kellner, Phil.-Schmitt-Str. 36, 69207 Sandhausen, Tel. 06224/80817

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Dezember 2000/ Gottfried Kellner