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Die Geschichte der Brünner Judengemeinde
von König Přemysl Ottokar II. bis zur ČSR

Vorwort
Unser ständiges Bemühen, der historischen Wahrheit in unseren Seiten gerecht zu werden, muß auch die Existenz und das Schicksal unserer ehemaligen jüdischen Mitbürger ins Auge fassen. Zur Einleitung führt uns ein vertriebener Brünner Deutscher des Jahrganges 1919 in die historischen Zusammenhänge ein. Seine Darstellung beginnt recht früh, führt uns dann aber zügig die wechselvolle Geschichte der Brünner Juden bis zum Ende der ČSR vor Augen. Dieses Ende führte das Deutsche Reich durch die Errichtung des Protektorates Böhmen und Mähren herbei und was dann ansetzte ist bekannt. Auch die Brünner Juden mußten erdulden, was nationalsozialistischer Rassenwahn zur Methode gemacht hatte: die Vernichtung der Juden.
Von da an aber klafft eine große Lücke in den Quellen und der Berichterstattung; schier unheilbar verursacht durch die Vertreibung der Brünner Deutschen und den Verlust aller Archivquellen. die zu schließen wir aufgrund der Quellenlage nur noch bruchstückweise durch Schilderungen von Zeitzeugen in der Lage sind. Lesen Sie aber vorweg den erwähnten einleitenden Beitrag, den
Dr. Erich Pillwein für uns verfaßte.

Redaktion

 

Ich verfasse diesen Bericht als Angehöriger der Generation, die knapp vor Ende des 1. Weltkrieges und danach in die Tschechoslowakei hineingeboren wurde. Wir wußten nichts und ich halte das für wichtig festzuhalten — nichts von all dem, was ab 1933 im Deutschen Reich mit den Juden geschah. Wir waren jung, lasen keine Zeitung, und wenn ja, dann eher den Sportteil als politische Nachrichten. Wir hatten jüdische Mitschüler und waren nicht selten mit ihnen befreundet. Ich selbst hatte während meiner zahntechnischen Lehrzeit einen jüdischen Chef, was mir tiefe Einblicke ins jüdische Leben vermittelte.
Deutschland kam uns Jungen erst 1936 durch die Olympischen Spielen in Berlin richtig zu Bewußtsein. Aber nicht nur wir, die wir dabei sein konnten – ich selbst mit 17 Jahren –, kehrten begeistert zurück. Aber nicht nur wir, die halbe, fast die ganze Welt war von Deutschland begeistert. Daß es sich unter dem Nazi-Regime zu einem, wie man heute sagen würde, „Schurkenstaat“ zu wandeln begann, das drang nicht ins Bewußtsein. Wahrscheinlich hatte das Regime auch dafür gesorgt, daß von früheren Spuren nichts bemerkt werden konnte Wir hatten nichts, aber auch gar nichts von Judenverfolgungen bemerkt.. Diese offenbarten sich uns zuerst im Frühjahr 1938 im nahen Wien, dann im Herbst im Sudetenland und in Brünn erst 1939, nach dem Einmarsch der deutschen Truppen und der Errichtung des Protektorats. Gestapo und andere aus dem Reich angereiste Kräfte sorgten dafür, daß urplötzlich unsere jüdischen Mitschüler verschwanden, daß die Juden aus dem öffentlichen Leben verbannt wurden und daß wir schlußendlich alle Juden mit dem gelben Stern auf der Straße antrafen. Alles weitere spielte sich aber weitgehend im Verborgenen und mit den verschleiernden Hinweis ab, die Juden kämen in Arbeitslager.
Diese Erinnerungen sollen keine „Weißwäsche“ bedeuten. Schuld an der Tragödie tragen wir sicher nicht, doch müssen auch wir, als ehemals Auslandsdeutsche — von den „Piefkes“ oft als „Beutedeutsche“ verunglimpft — Scham empfinden für das grauenhafte Geschehen, das sich die Nationalsozialisten — ebenfalls Deutsche! — ausgedacht hatten.

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Teil 1 – Historischer Rückblick
Teil 2 – Zeitzeugen zum gleichen Thema (Auszüge)