
Brinnarisch | Hanns Hertl
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Das Buch eines Brünners, der die vom Hochdeutschen stark abweichende Sprache seiner Jugend und seiner Zeitgenossen, der Nachwelt erhalten wollte.
Wie der Titel schon ankündigt: „Die Umgangssprache“, kein Dialekt, wir er z.B. in der Brünner Sprachinsel üblich war, sondern eine Sammlung sprachlicher Eigenheiten, die schriftlich schwer zu vermitteln sind, und die erst lebendig werden, wenn man die vertrauen Klänge hört. Dann aber wittert jeder (alte) Brünner den anderen auf hundert Meter gegen den Wind.
Eine Erinnnerung also an vergangene Zeiten, denn mit den alten Brünners stirbt auch „ihre Sprache“.
Brinnarisch
ISBN 3-00-013579-0
€ 10,00 zzgl. Versandkosten
Und hier eine Leseprobe:
Die Hauptstadt der „Bewegung"
von Hanns Hertl
In kana Štadt da Welt hat ma kennen soviel Wandara sehn wie in Brinn. Die Elektrischen und alle Ziege nach Tischnowitz, Blansko oda Pausram warn am Sonntag imma pumpvoll. Wo ma hingschaut hat, lauta Ruckseck, Brot-baitl oda Freßkerb. Denn wenn s Wetta scheen war, is ka ßrinna z Haus bliebn, und wir Kinda ham missen mit. Ich natierlich aa. Di Tante Mizzi hat a Mandolin mitgnommen und da Onkl Alois a Gittarn, und wenns losgangn is, hams a Wandalied angštimmt und wir ham gsungen, damit ma baim Maschiern scheen im Takt blaibn tun und nit hatschn wie a Haufn von teppatn altn Dodln.
Am schensten warn die Ausflieg nach Ochos, wails dort die greßten Schnitzl und das beste Altbrinna Bier gebn hat. Wir Kinda ham imma a Waldperle kriegt, auf die wa uns schon gfrait ham, wenn ma an da Endštation von da Lepinko losgangn sind. Im Friehling, wenn in Lesch (Lösch) die Kirschn geblieht ham, sind wa am liebsten iba die Klaidovka gangn, wail ma von dortn die beste Aussicht auf das „ßlütenmeer" ghabt hat.
Zurick sind wa gwehlich iba Bilowitz gwandat. Aba vorher hama imma noch a Rast im Wald gmacht. Di Eltan ham sich dann auf ihre Deckn glegt und wir Kinda ham Raiba und Žandarm gšpielt. Schon damals hab i glernt, wie a richtiga Wandara sainen Rastplatz aufraimen muss. Ka Bananschal, ka Papierl, ka Sardinenbichs, nit amal a Aiaschaln is liegn bliebn, wail ma alle Abfell ham vagrabn missn. Špeta bin i dann mit die Pfadfinda loszogen. Die ham s genau so gmacht. Nach ana Rast is nie a Špur von uns ibrigbliebn.
Zu die Štafflštaina*) bin i nur gangn, wail ma ihre Uniform so gfalln hat: A graues Hemd, a schwarze Schnirlsamthosn mit KoppI und Schultariemen, a violettes Halstuch mit an ledanen Knotn und a schwarzes Schiffl auf Kopf ham aus jedm Bubn an Feschak gmacht. Fir diese Aitelkait hab i dann jedn Sonntag bießn dirfn: Wail die Štafflštaina katholisch warn, ham se sich schon uma siebane in da Frieh an da Jakobskirchn treffn missen und erscht die hailige Messe mitmachn dirfn, bevor s loszogn sind. Jedn Sonntag mindestns a halbe Štund auf den kaltn štainanen Plattn knien, des hat auch noch fir an Schippl andara Sindn graicht.
1937 is aus dem violettn Halstuch a graues gworden, wail ma zusamm mit den Wandafegln und den Jungturnan in da „Sudetendeutschen Jugend" aufgangen sind. Nit a mal zwai Jahr špeta hama dann a schwarzes Halstuch kriegt, aba Wandara sind ma a Lebn lang bliebn.
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*) Staffelsteiner oder St. Georgs Pfadfinder
Lepinko = Straßenbahn