Der größte Logiker seit Aristoteles

Kurt Gödel,
geboren am 28. April 1906 in Brünn
gestorben am 14. Januar 1978 in Princeton, New Jersey, USA

Zur Familiengeschichte
Kurt Gödels Vater, Rudolf August Gödel, entstammte einer alteingesessenen Brünner Familie. Er wurde 1874 im Brünn geboren. Als seine Eltern nach Wien zogen, die Mutter stammte von dort, blieb er in Brünn, wo „Tante Anna“ die Mutter vertrat.

Rudolf August kam mit dem Gymnasium nicht zurecht und wurde mit 12 Jahren in eine Weberschule geschickt, die er auch mit Auszeichnung abschloß. Er erhielt sofort eine Anstellung in der damals sehr renommierten Tuchfabrik Friedrich Redlich. In dieser Fabrik wurde er leitender Direktor und später auch Teilhaber am Unternehmen.

Die Wohnung der Familie befand sich in der Bäckergasse 9, in der auch eine Familie Handschuh wohnte. Der Vater, Gustav Handschuh, war Weber und mit seiner Frau aus dem Rheinland zugewandert. Ihre Tochter Marianne, die eine sehr sorgfältige Erziehung und schulische Ausbildung, zum Teil in Frankreich, erhalten hatte, erweckte Rudolf Gödels Interesse. E kam, wie es kommen mußte: Die Hochzeit fand am 22. April 1902 in Brünn statt. Das junge Paar bezog zunächst eine Wohnung in der Heinrich-Gomperz-Gasse15, wo der älteste Sohn Rudolf geboren wurde. Danach zogen sie in Bäckergasse 5, wo Kurt Gödel 1906 zur Welt kam.

Kurt Gödels Kindheit

Kurt erlebte eine glückliche Kindheit. Er hing sehr an seiner Mutter und war verängstigt und verstört, sobald seine Mutter nicht in seiner Nähe war. Im Alter von 6 Jahren erkrankte er an einem rheumatischen Fieber, wurde aber wieder gesund. Obwohl das Leben danach wieder in normalen Bahnen verlief, blieben doch seelische und vielleicht auch körperliche Schäden zurück. Im Alter von acht Jahren begann er medizinische Bücher zu lesen um mehr über die Krankheit, die er hatte herauszufinden. Er las, daß ein Herzfehler als eine mögliche Folge auftreten könne. Auch wenn ein solcher Schaden nie nachgewiesen werden konnte, blieb die Sorge um seine Gesundheit sein ganzes Leben ein tagtägliches Problem für ihn.

1913 zog die Familie ein eigenes großes Haus in der Pellicogasse Nr. 8


Ab 1912 besuchte Kurt Gödel die evangelische Privat-Volks- und Bürgerschule und trat dann in das deutsche Kaiserliche und Königliche Realgymnasium ein, das ab 1918 mit Gründung der Tschechoslowakischen Republik nur noch Realgymnasium hieß, wiewohl weiterhin deutschsprachig war. Dort maturierte er 1924.

Über diese Gymnasialzeit berichtet sein Bruder Rudolf:
Auch während der Gymnasialzeit war mein Bruder einseitiger orientiert als ich und zum Erstaunen seiner Lehrer und Mitschüler meisterte er neben dem Stoff des Gymnasiums den vollen Mathematikstoff eines Universitätsstudiums. Mathematik und Sprachen rangierten weit vor Literatur und Geschichte. In dieser Zeit ging das Gerücht um, daß er während der gesamten Gymnasiumszeit in Latein immer die besten Noten erhielt und daß er nicht einen einzigen Grammatikfehler gemacht hat!

Zur Tschechoslowakei hatte Kurt ein sehr kritisches Verhältnis, er sagte noch als Gymnasiast, daß er sich fühle „wie ein Österreicher im Exil“ und einer seiner Mitschüler sagte, daß er sich nicht erinnern könne, daß Kurt Gödel je ein tschechisches Wort gebrauchte.

Es stand für Kurt, ebenso wie für seinen Bruder Rudolf vor ihm, außer Frage, daß sein Studienort nur Wien sein konnte.

Wien
Wien war auch nach dem ersten Weltkrieg eines der herausragendsten geistigen Zentren der Welt, berühmt für Rechtswissenschaften und Medizin — Rudolf sollte Radiologe werden — Physik, Mathematik, Sozial-und Wirtschaftswissenschaften, Philosophie und Theologie. Viele derjenigen, die das 20. Jahrhundert entscheidend mit prägten, haben in dieser Stadt gelebt, darunter Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, die Komponisten Richard Strauss und Gustav Mahler, dazu der Erfinder der Zwölftonmusik, Arnold Schönberg, die Maler Gustav Klimt und Oskar Kokoschka, der ebenfalls aus Brünn stammende revolutionäre Architekt Adolf Loos, der die berühmte Bauhaus-Schule vorwegnahm, die großen Physiker Ludwig Boltzmann und Ernst Mach (ebenfalls aus Brünn stammend) sowie die Philosophen Karl Popper und Ludwig Wittgenstein. Die Anzahl an Genies pro Quadratmeter in Gödels Wien verschlägt einem den Atem.

Zu Beginn des Studiums konnte sich Kurt Gödel noch nicht zwischen Mathematik und theoretischer Physik entscheiden. Er besuchte die Vorlesungen von Furtwängler, Hahn, Wirtinger, Menger und anderen. Die Vorlesungen von Furtwängler machten den größten Eindruck auf ihn und so beschloß er, Mathematik zu seinem Hauptfach zu machen. Es gab dafür zwei Gründe: Einmal war Furtwängler ein außergewöhnlicher Mathematiker und Lehrer. Der zweite Grund war aber, daß Furtwängler vom Hals abwärts gelähmt war, er also seine Vorlesungen im Rollstuhl und auswendig hielt, während ein Assistent nach Anweisung auf die Tafel schrieb. Das machte Eindruck auf jeden Studenten, auf Gödel aber besonders, war er doch ständig in Sorge um seine Gesundheit.

Als Nebenfach besuchte er ein Seminar, gehalten von Schlick, welches sich mit Russels Buch „Einführung in die mathematische Philosophie“ beschäftigte.

Eine seiner Kommilitoninnen schrieb: „Es war aber offensichtlich, daß er an der Logik hängen bleiben würde, daß er Hahns Student sein werde, nicht der von Schlick und daß er außergewöhnlich talentiert ist.“

Schlick und Furtwängler gaben Gödel die entscheidenden Impulse, sich intensiv mit den Grundlagen der Mathematik auseinanderzusetzen.

Er vollendete seine Dissertation im Jahre 1929 mit dem Titel „Über die Vollständigkeit des Logikkalküls“ Für diese erstklassige Arbeit wurde ihm am 6. Februar 1930 die Doktorwürde verliehen.

 Gödel gab die -ungeliebte- tschechoslowakische Staatsbürgerschaft am 26.2.1929 zurück, erhielt die österreichische aber erst am 6.Juli 1929.

Gödels Vater starb 1929. Sein berufliches Leben war erfolgreich verlaufen und so hinterließ er seine Familie in gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen.

Die Witwe, Marianne Gödel, kaufte eine große Wohnung in Wien und zog mit ihren beiden Söhnen dort ein. Zu dieser Zeit war Bruder Rudolf bereits ein erfolgreicher Radiologe. Marianne Gödel war, dank ihrer Ausbildung in der Jugend, eine gebildete Frau und so genoß sie das kulturelle Leben Wiens. Hauptsächlich hatten es ihr Theaterbesuche gemeinsam mit ihren beiden Söhnen angetan. Genau das beabsichtigte sie mit ihrem Umzug nach Wien: Ihren Söhnen auch die kulturelle Seite des Lebens nahezubringen.

Bruder Rudolf schaffte sich sogar ein Auto an, es war ein großer Chrysler und nur mit Zögern ließ er seinen Bruder gelegentlich ans Steuer. Kurt Gödel soll in dieser Zeit ein recht wilder Autofahrer gewesen sein. Das und auch seine Neigung, am Steuer in ausschweifende abstrakte Träumereien zu verfallen, veranlaßte seine spätere Frau Adele, seiner Autofahrerkarriere ein Ende zu bereiten.

Schon zu Beginn seines Studiums schloß er sich dem sogenannten „Wiener Kreis“, einer losen Vereinigung hervorragender Wissenschaftler an. Die Gründung dieses Kreises ging noch auf den ebenfalls aus Brünn stammenden Physiker Ernst Mach zurück. (Die Schallgeschwindigkeit z.B. von Flugzeugen wird auch heute noch in Mach angegeben). Dieser Kreis wurde von Gödels Lehrer Moritz Schlick, geführt und dort erhielt Gödel nicht nur fachliche Anregungen, auch eine private Bedeutung stellte sich ein:  hier traf er 1927 erstmals seine spätere Frau Adele Porkert.

Etwas später spielte der Zufall eine zusätzliche Rolle. Als im Juli 1928 sein Bruder und er eine neue Wohnung innerhalb Wiens bezogen ergab es sich, daß diese zufällig gegenüber der Wohnung von Adele Porkert lag. Diese Nachbarschaft führte dazu, daß Kurt mit Adele eine Beziehung einging, die allerdings durch Kurts Eltern auf Grund gesellschaftlicher Vorbehalte, erheblich gestört wurde.

Die dreißiger Jahre waren durch wissenschaftliche Arbeiten geprägt. 1931, also im Alter von gerade 25 Jahren veröffentlichte er seine bedeutendste wissenschaftliche Arbeit, mit der er die scheinbar heile Welt der Mathematik in Aufruhr versetzte. Diese trug den Titel „Über formal unentscheidbare Sätze der Principia mathematica und verwandter Systeme“ und Gödel bewies damit den „Unvollständigkeitssatz“.

Durch diese Arbeit und die daraus zu folgernden Resultate wurde Gödel als einer der führenden Logiker seiner Zeit anerkannt. Allerdings, das soll hier nicht verschwiegen werden, galt die Logik nicht gerade als Glanzlicht der Mathematik, eher als deren Stiefkind. Das Computerzeitalter war noch nicht angebrochen.

Trotzdem, Gödel hatte sich in seinem Fachgebiet einen Namen erworben und so wurde er von seinem amerikanischen Kollegen Veblen nach Princeton in das neugegründete „Institute for Advanced Study“ eingeladen. Das führte 1934 zu seiner ersten Amerikareise. Dort traf er auch mit John von Neumann zusammen.

In dieser Zeit wurde seine psychische Erkrankung in Form von depressiven Stimmungen und hypochondrischen Zwangsvorstellungen offenkundig. Insbesondere letztere trug er wahr-scheinlich seit seiner Kindheit in sich. Er hatte sich ja bereits im Alter von 8 Jahren in Selbstdiagnosen versucht. Diese seelische Belastung führte dazu, daß er die sich am Horizont abzeichnenden politischen Entwicklungen nicht wahrnahm.

Nach seiner Rückkehr nach Wien im Jahre 1934 hatte er eine weitere Einladung nach Princeton für eine weitere Dozententätigkeit in der Tasche, Diese nahm er aber zunächst nicht wahr, er begab sich im Herbst 1934 in ein Sanatorium. Danach begann er sich mit der Kontinuitätshypothese zu beschäftigen, deren relative Widerspruchsfreiheit er 1940 beweisen konnte. Bei diesem Thema arbeitete er eng mit John von Neumann zusammen.

1935 verbrachte Gödel mehrere Monate in einer psychiatrischen Klinik. Als sein geachteter Lehrer Moritz Schlick 1936 von einem seiner Studenten, einem Nationalsozialisten, ermordet wurde, erlitt er einen Nervenzusammenbruch. Sein Bruder schrieb dazu:
Dieses Vorkommnis war mit Sicherheit der Grund, warum mein Bruder eine ernsthafte seelische Krise durchmachte, welche für uns eine große Sorge war, insbesondere natürlich für meine Mutter. Kurz nach seiner Gesundung erhielt er einen ersten Ruf für eine Gastprofessur aus den USA.

Im Sommer 1938 besuchte er Göttingen und hielt dort Vorlesungen, Nach seiner Rückkehr nach Wien heiratete er schließlich Adele Porkert, die er bereits seit über 11 Jahren kannte. In diesem Jahr, wurde Österreich Teil des Deutschen Reiches, was ihn zunächst aber wenig interessierte. Er lebte sein Leben normal weiter.

1938 besuchte er zum zweiten Mal Princeton, verbrachte dort das erste Semester am Institute for Advanced Study, im zweiten Halbjahr hielt er viel bewunderte Lesungen in Notre Dame.

Die Rückkehr nach Wien im Jahre 1939 brachte ihm eine unliebsame Überraschung:
Durch eine Umstellung des Bildungssystems hatte er seine Stellung als Privatdozent an der Wiener Universität verloren, und damit natürlich auch sein Gehalt. Seine folgenden Bewerbungen um eine adäquate Stellung im nunmehr (reichs-) deutschen Bildungssystem wurden nur schleppend behandelt. Es könnte sein, daß man ihn für einen Juden hielt, was aber völlig unzutreffend war.

Auch die sonstigen Lebensumstände trugen nicht dazu bei, seine psychische Verfassung zu verbessern. Auf der Straße wurde er einmal von einer Bande Jugendlicher als Jude angepöbelt. Gödel war sicher kein Jude, wiewohl er im „Wiener Kreis“ viele jüdische Freunde hatte.

Zusätzlich befürchtete er, in die deutsche Wehrmacht verpflichtet zu werden. Er war der Ansicht, daß, wenn man ihn fälschlicherweise für einen Juden hielt, er ebenso fälschlicherweise als gesund eingestuft werden könnte. Er wollte das keinesfalls riskieren und so beantragte er ein Visum für die USA, das nach längeren Verhandlungen erteilt wurde. Amerikanische Freunde organisierten die lange Reise, die ihn 1940 über Moskau, weiter mit der  Transsibirischen Eisenbahn über Peking und Tokio schließlich in die USA führte. Seine Frau Adele begleitete ihn.

Princeton
Gödel kam also 1940 in den USA an und wurde 1948 amerikanischer Staatsbürger. (Siehe auch Anhang „Einstein und Gödel“). Er war dort von 1940 bis 1946 ordentliches Mitglied des Institute of Advanced Study 1)   (er hatte jeweils einen Einjahresvertrag, der jährlich verlängert wurde), danach wurde er ständiges Mitglied bis 1953. Ab 1953 besaß er bis zu seinem Tode eine Professur an der Princeton Universität 2) (New Yersey). Dort hatte er einen Vertrag, der explizit festlegte, daß er keine Pflichtvorlesungen zu halten habe. Seine Berufung zum ordentlichen Professor wurde öfters verzögert, weil einige Mitglieder der Berufungskommission zur Ansicht neigten, daß ein „Verrückter“ im Kollegium ausreichend sei. Gemeint war damit Albert Einstein.

In Princeton wurde Albert Einstein sein engster Freund. Es ist aber unklar, wieweit Einstein ihn beeinflußte, „an der Relativität“ zu arbeiten. Sicher aber beschäftigte Gödel diese ernsthaft.

Gödel erhielt den wichtigen Einsteinpreis im Jahre 1951 und die nationale Medaille für Wissenschaften der USA im Jahre 1974. Er war Mitglied der nationalen Akademie der Wissenschaften der USA, ein Mitglied der „Royal Society“ und vieler anderer herausragender wissenschaftlicher Vereinigungen.

  Es sagt aber viel über sein Verhältnis zu Österreich aus, daß er zeitlebens jegliche Auszeichnung aus Österreich ablehnte. Er fühlte Bitterkeit gegenüber Österreich wegen der Behandlung seiner Familie. Hier aber unterlief dem großen Logiker ein logischer Fehlschluß.

Gödels Mutter hatte Wien bereits vor ihm, im Jahre 1937 verlassen und war nach Brünn in ihr Haus zurückgekehrt, wo sie sich auch offen kritisch über das nationalsozialistische Regime äußerte. Der Sohn Rudolf aber blieb in Wien. Als sich die deutsche Niederlage 1944 klar abzeichnete, kehrte sie nach Wien zu Rudolf zurück. Ihr Haus in Brünn wurde später konfisziert. Zwischen der Tschechoslowakei und Österreich wurde die Entschädigung österreichischen Eigentums später vertraglich geregelt. Marianne erhielt etwa 10% des tatsächlichen Wertes als Ausgleich für den Verlust zugesprochen. Diese Ungerechtigkeit brachte Kurt Gödel außer sich. Er nahm solche Ungerechtigkeiten immer als persönliches Unrecht, obwohl hier neben seiner Familie auch eine große Anzahl anderer betroffen war. Die Unlogik bestand eben darin, daß er Österreich die Schuld an dieser Ungerechtigkeit gab.

Allerdings ist nicht bekannt, wie er sich der Tschechoslowakei gegenüber verhalten hätte, wäre ihm von dort eine Ehrung angetragen worden.

Kurt Gödel war wohl ein Einzelgänger, der nur in seiner Wissenschaft lebte, ihm war es egal, wo er dieses Leben führte, im großstädtischen Wien oder im kleinbürgerlichen provinziellen Princeton. Seine Frau Adele litt anfangs wohl ziemlich am Verlust des Lebens in Wien.  

Gödel beschäftigte sich nach der Niederlassung in den USA weiterhin mit wichtigen wissen-schaftlichen, mathematischen Problemen. Manches löste er nicht, aber er zeigte Wege zu Lösungen auf, die dann von anderen Forschern zu Ende geführt wurden

Zunehmend beschäftigte er sich mit mathematisch-philosophischen Fragen, allerdings ohne Bereitschaft zu zeigen, sich gültigen Philosophieschulen und Lehrmeinungen anzuschließen. Im Gegenteil, er lehnte solche strikt ab. Was Wunder, daß ihm diese die Anerkennung als Philosoph verweigerten und ihn als philosophisch dilletierenden Mathematiker bezeichneten.  

Einmal noch, in der Gedenkschrift zu Albert Einsteins 70, Geburtstag ging er nochmals ein großes Thema an, nämlich die Relativierung der Zeit. Er schrieb 1961 an seine Mutter, daß er ihr ausführlich zu schreiben leider keine Zeit habe, denn er sei mit der Zeit beschäftigt, einem sehr wichtigen Thema.

Seine These über die Zeit  war und ist immer noch, daß es im „Gödel-Universum“ keine intuitive Zeit, eine Zeit die vergeht, gibt.  Der Titel dieses sechsseitigen Aufsatzes lautete: „Eine Bemerkung über die Beziehungen zwischen der Relativitätstheorie und der idealistischen Philosophie.“

An der Aufgabe, daraus einen Gottesbeweis abzuleiten, ist Gödel gescheitert.

In der Zeit, in der es Mode war Atheist zu sein, beschäftigte sich Gödel mit dem Thema Gott. „90 Prozent der heutigen Philosophen versuchen, den Menschen Gott aus dem Kopf zu schlagen...“ schrieb er an seine Mutter.

Mit den Jahren nahm Gödels Sorge um seine Gesundheit immer dramatischere Formen an. Zu den eingebildeten Krankheiten kamen noch echte dazu, so ein schweres Prostataleiden. Sein Bruder Rudolf, selbst Arzt schrieb: „Mein Bruder hatte zu allem eine sehr individuelle Meinung und konnte schwer von solchen ausgeprägten Ansichten abgebracht werden. Unglücklicherweise glaubte er sein Leben lang, daß er recht habe, nicht nur in der Mathematik, was zweifellos zutraf, sondern auch in der Medizin, wo es weniger richtig war. Nach einer schlimmen Blutung durch ein Geschwür am Zwölffingerdarm, verordnete er sich eine strikte Diät, welche zu einem fortlaufenden Gewichtsverlust führte“.

Kurt Gödel starb am 14. Januar 1978 nachmittags. Die Todesursache: Wahrscheinlich Unterernährung, er wog bei seinem Tode noch gerade 29 Kilogramm.

Was bleibt von Gödel: Für uns nicht so viel, weil wir wenig von seiner Arbeit verstehen können. Für die Brünner aber doch der Stolz, daß ihn ihre Vaterstadt hervorgebracht hat, für die Mährer, daß er ihrem Kulturkreis entstammte .  

Ein amerikanischer Wissenschaftler wurde gefragt, wer denn Kurt Gödel sei. Er antwortete:

„Der größte Logiker seit Aristoteles!“  

Anmerkung:
1) Das Institute of Advanced Study in Princeton ist eine reine Denkfabrik, ohne Unterrichtsbetrieb
2) Die Princeton University ist dagegen die Universität des Staates New Yersey.  

 

Anhang:  Gödel und Einstein
Es ist es kaum möglich, sich zwei unterschiedlichere Menschen vorzustellen, als Gödel und Einstein. Sie waren nicht nur zwei völlig unterschiedliche Charaktere, nein, auch im Alter lag eine ganze Generation zwischen ihnen. Immerhin war Kurt Gödels Mutter im gleichen Jahr geboren wie Albert Einstein. Und doch, könnte man beide befragen, würde jeder den anderen als seinen besten Freund bezeichnet haben. Einstein war längst im Ruhestand als er noch regelmäßig zur Universität ging, um wie er sagte, „das Privileg zu haben, mit Gödel nach Hause laufen zu dürfen.“

Was also war es, was die beiden verband? Vielleicht die gemeinsame Muttersprache? So viel bekannt ist, sprachen sie ausschließlich deutsch miteinander.  Oder war es, weil sie sich in Princeton nie richtig zu Hause fühlten, weil der eine an Berlin und der andere an Wien hing?

Auch sollen sie sich auf dem gemeinsamen Heimweg meistens gestritten haben. Gödel sagte selbst, daß seine Freundschaft zu Albert Einstein auf ihrer beider Gegensätzlichkeit beruhe.

Was war es also?
Vielleicht werden wir es nie so richtig herausfinden, vielleicht ist es weder wichtig, noch erklärbar. Die geistige Region, in der sich diese beiden befanden, bleibt Normalsterblichen wohl ohnehin verschlossen.

Wir müssen uns sozusagen mit den Krümeln begnügen, die vom Tisch dieser geistigen Heroen fallen. Das sind dann die Alltagsgeschichten, mit deren Hilfe wir uns den Unerreichbaren ein wenig nähern können.  

Zum Beispiel Musik:
Einstein hat sich ständig bemüht, Gödel die Musik von Mozart und der anderen großen deutschen Musiker nahezubringen. Er spielte auch ganz passabel auf der Geige und scheute sich nicht, diese bei allen sich bietenden Gelegenheiten hervorzuholen und darauf zu spielen (ohne deshalb seine Pfeife aus dem Mund zu nehmen). Es beeindruckte Gödel nicht besonders; der bevorzugte, wenn er überhaupt etwas mit Musik im Sinne hatte, leichtes, Operetten und einprägsame Schlager. Einstein hat es sein Leben lang nicht aufgegeben, Gödel wenigstens Mozart nahezubringen, Gödel hat es ebenso hartnäckig abgelehnt, sich damit zu beschäftigen und machte auch kein Hehl daraus, Walt Disney – Filme zu lieben und daß „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ zu seiner Lieblingslektüre gehöre. (Die Bemühungen der Mutter Marianne, ihren Söhnen Kultur nahe zu bringen, weswegen sie ja auch zeitweise nach Wien zog, waren zumindest bei Sohn Kurt von begrenzter Nachwirkung).  

Die Einbürgerung:
Im Jahre 1947 beantragte Gödel die amerikanische Staatsbürgerschaft. Dazu mußte er die amerikanische Verfassung studieren, denn er wurde vor einem Richter dazu befragt. Einstein war neben Morgenstern einer der beiden Zeugen, die Gödel dem Gericht gegenüber nannte. Ganz unbefangen fragte Einstein seinen Freund, was er von der Verfassung halte. Zu Einsteins Entsetzen erläuterte Gödel die logischen Unschlüssigkeiten in dieser Verfassung. Einstein versuchte, allerdings vergebens, Gödel solche Gedankengänge auszureden. Selbst auf dem Wege zum Gericht, den sie gemeinsam zu Fuß zurücklegten, erzählte er Witze und Anekdoten um Gödel abzulenken.

Die Frage des Richters, ob er, Gödel es für möglich halte, daß in den USA eine politische Konstellation wie sie sich in Deutschland 1933 ergab eintreten könne, oder ob die Verfassung solches ausschließe, führte fast in die Katastrophe. Gödel führte aus, daß solches durchaus möglich sei, wenn jemand nur die vorhandenen Lücken in dieser Verfassung……… Der Richter hatte ein Einsehen mit den Leiden Einsteins und ließ Gödel seine Ausführungen nicht zu Ende bringen. So wurde Gödel 1947 Amerikaner.  

Essen und trinken:
Einstein war in jeder Hinsicht alltagstauglich, wenn auch in vieler Hinsicht ziemlich verschroben. Er bevorzugte derbe deutsche Hausmannskost und hat sich später ein respektables professorales Bäuchlein zugelegt.

Gödel hingegen verabreichte seinem ausgemergelten Körper den Inhalt eines ganzen Medikamentenschrankes, so daß sein Freund Morgenstern erstaunt war, daß er das überhaupt überleben könne. Gödel nahm Magnesiumhydrat, Matamucil, Keflex, Mandelamine, Macrodantin, Gantanol, Achromycian, Terramycin, Lanoxin, Quinidin, Imbricol, und Perocolase. Nur eines führte er seinem Körper nur widerwillig zu: Nahrung.  

Familie und Kinder:
Einstein nahm es nicht so genau, er hatte Kinder, eheliche und auch nicht eheliche, allerdings war es um die Beziehungen zu diesen nicht so gut bestellt.

Kurt und Adele Gödel hatten keine Kinder.

Einmal wurde die Zimmerwirtin bei der sie an der Atlantikküste von Massachusetts die Ferien verbrachten, von anderen Gästen gefragt, ob denn das sonderbare Paar keine Kinder habe. Die gute Frau gab zur Antwort: „Sehen sie sich doch diesen dürren Mann an! Wie soll der ein Kind zustande bringen?“  

Politik:
Die meisten amerikanischen Intellektuellen wollten Adlai Stevenson als Nachfolger von Harry S. Truman als Präsidenten. Nach der Wahl, bei der Eisenhower gewann sagte Einstein: „Gödel ist jetzt komplett verrückt geworden, er hat Eisenhower gewählt!“  

Arbeitstag:
Gödel beschrieb diesen in einem Brief an seine Mutter wie folgt:
So gegen 10:30 treffe er sich jeden Tag mit Einstein. Dann würden sie zu Fuß zum Institut gehen, was ca. 30 Minuten dauere. So um 13 Uhr würden sie sich dann wieder zum gemeinsamen Heimweg treffen. Dieser Heimweg dauere manchmal länger und sei nicht ganz ungefährlich. Einmal sei ein Autofahrer direkt neben ihnen gegen einen Baum gefahren, „weil er plötzlich den berühmten Albert Einstein so ganz wie einen normalen Menschen habe gehen sehen“.

Für Unentwegte:
Der Gödelsche Unvollständigkeitssatz
Verbal:

Alle widerspruchsfreien axiomatischen Formulierungen der Zahlentheorie enthalten unentscheidbare Aussagen.

Wer aber tiefer einsteigen möchte besorge sich das Buch von Douglas R. Hofstadter: „Gödel, Escher, Bach – endloses geflochtenes Band“, Klett-Kotta, ISBN 3-608-93037-X .

 Gerd Hanak


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