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Geschichte Brünns
(Vollständiger Text) 

Besiedlung Der 30-jährige Krieg
Brünn - Teil eines Teilfürstentums Raduit de Souches – der Retter Brünns vor schwedischer Bedrängnis
Brünn - Residenz des Markgrafen Aufschwung und Barockkunstwerke
Woher kamen die vielen Deutschen ? Und wieder Kriegseinwirkungen
Die mittelalterliche Stadt Die Josephinische Zeit und  Wie sah Brünn damals aus
Die Hussitennot Stürmische Entwicklung der Industrie
Kulturelle Leistungen im 15. Jahrhundert Brünn nach 1918
Die Vertreibung der Deutschen April 1945 – Das Schicksal der Heimatstadt Brünn
Das deutsche Brünn, sein Ende und der Altvaterturm

 

Besiedlung

Die Geschichte Brünns reicht bis in die Steinzeit. Aber mit der Steinzeit wollen wir nicht beginnen. In der Bronze- und Eisenzeit siedelten in Mähren die keltischen Bojer. Es ist anzunehmen, daß damals auf dem Petersberg oder auf dem Spielberg sich bereits eine Siedlung, ein kleines keltisches "oppidum", befand. In jener Zeit dürfte auch der Namen "Brünn" seinen Ursprung haben, denn in alten Schriften findet sich die Stadtbezeichnung "Brinen" und "Brenen"; diese Namen sind von einem Keltologen als eindeutig keltischen Ursprungs festgestellt worden.

Zu Beginn der Völkerwanderung wurde Mähren von germanischen Volksstämmen besiedelt: etwa 450 Jahre lang von den Quaden, denen folgten etwa 100 Jahre lang die Langobarden. Als die Langobarden einen neuen Lebensraum suchten und mit ihrer Streitmacht im Jahre 568 n.Chr. nach Oberitalien zogen, verblieb vermutlich ein Teil dieser bereits Ackerbau treibenden Germanen als eine Art Restkommando bzw. Versorgungsbasis zurück; das dürften die nicht kampffähigen Männer, Kranken und Alten gewesen sein. So ist es erklärbar, daß die mit den Awaren aus dem Osten gekommenen slawischen Moraver allmählich kampflos nach Mähren einwandern und die fruchtbaren Niederungen längs der Flüsse in Besitz nehmen konnten. Es ist möglich, daß die Reste der germanischen Stämme einen Grundstock der späteren deutschen Bevölkerung gebildet haben.

Eine Quelle besagt, daß zur Zeit des Großmährischen Reiches (830-9O6), das von den Morawern gegründet worden war, von bayerischen Missionaren auf dem Petersberg eine Kirche errichtet wurde, die im Jahre 884 von dem Apostel Methodios geweiht worden sein soll.

 

 

Brünn - Sitz eines Teilfürstentums

Im Jahre 1061 erhält der přemyslidische Herzogssohn Konrad das Teilfürstentum Brünn, "weil er der deutschen Sprache mächtig ist". Diese Überlieferung ist äußerst interessant; offenbar hatte Brünn neben der slawischen Bevölkerung damals, also noch vor dem Einsetzen der großen deutschen Ostsiedlung, bereits so viele deutsche Einwohner, dass ihre Zahl den Ausschlag gab. Ob diese noch späte Nachkommen der germanischen Langobarden waren oder ob dies auf eine Wiederbesiedlung der nach dem Magyarensturm verödeten Gebiete zurückzuführen ist, bleibt offen.

1091 wird Brünn belagert. Wilpirk, die Frau des Brünner Teilfürsten, eine bayerische Prinzessin, stiftet Frieden. Böhmen und Mähren waren seit 950 Lehen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, und es war nahezu die Regel, daß slawische Fürsten aus politischen Gründen deutsche Prinzessinnen zur Frau nahmen.

 

 

Brünn Residenz des Markgrafen  -  Verleihung des Stadtrechts

Vom deutschen Kaiser Friedrich I. Barbarossa wird Mähren auf dem Reichstag zu Regensburg 1182 zur reichsunmittelbaren Markgrafschaft erhoben. Brünn wird alleinige Residenz des Markgrafen, die sich nun auf der Burg am Spielberg befindet. Die Hofhaltung bewirkt regen Zuzug von Dienstmannen, Kaufleuten, Geistlichen, Landwirten und tüchtigen Handwerkern, aus dem Rheinland, aber auch aus Flandern, Wallonien, den Niederlanden und Italien. Neben der slawischen Bevölkerung, die am Fuße des Petersbergs wohnte, siedelten die neuen Bürger in neu geschaffenen Stadtvierteln und erbauten um das Jahr 1200 eigene Kirchen (Jakobskirche, Nikolaikirche). In der aufstrebenden multinationalen Stadt begründeten vor allem die Rheinländer und Flamen die Tuchmacherkunst.

Zu jener Zeit wurde die Stadt mit Mauern, Türmen und Gräben umgeben und hatte sechs Stadttore. Brünn nahm nun einen großen wirtschaftlichen Aufschwung.

Die von den Deutschen mitgebrachten Nürnberger Rechtsgrundsätze wurden unter Einbeziehung von Wiener Recht und altem mährischen Landrecht neu formuliert und von Wenzel I., dem König von Böhmen, im Jahre 1243 in einem zweiteiligen Privileg als Stadtrecht verliehen.

Das in lateinischer Sprache verfaßte Stadtrechtsprivileg für Brünn (Jura originalia civitatis brunensis) gliedert sich in drei Hauptabschnitte:

  • "Justitia civitatis" = die städtische Gerechtsame, worunter die unabhängige Gerichtsbarkeit zu verstehen ist, sowie das Marktrecht, das Münzrecht, die Mautfreiheit, die Freiheit der Person und des Eigentums sowie die Freiheit von Heiratszwang,
  • "Pax civitatis" = der Stadtfrieden, dem das Strafrecht dient in Fällen von Totschlag, Körperverletzung, Einbruch, Diebstahl, Notzucht und Falschem Zeugnis,
  • "Jura municipalis" = das Zivilrecht, wie das Erbrecht und die Gliederung der Stadtverwaltung. In dieser nimmt der Stadtrichter (iudex) eine hervorragende Stellung ein. Ihm stehen 24 Geschworene (iurati civitatis) sowie der Stadtschreiber (notarius civitatis) zur Seite. Die Geschworenen haben administrative Funktionen, wie z.B. die Aufsicht über das Marktwesen.

Mit diesem Privileg legte der König die Verantwortung für Ruhe und Allgemeinwohl der Bürger aus seinen in die Hände der freien Bürger. Damit wurde nun deutsches Recht verbindlich für die gesamte Bürgerschaft Brünns. Dem Adel und dem Klerus standen innerhalb der Stadtmauern keine Rechte zu, auch Grundbesitz war ihnen innerhalb der Stadt versagt.


Woher kamen die vielen Deutschen ?

Hier sollten wir etwas über die Deutsche Ostsiedlung sagen. Von Frankreich kam damals eine Kolonisationswelle zur Gewinnung besiedelbaren Bodens durch Rodung und Entwässerung und damit zur Erstbesiedelung und zum Wachsen der Bevölkerung. Das lag natürlich im Interesse des Landesherrn. Diese Aktion wurde auch von den böhmischen Herzögen und Königen, vom Klerus und auch vom Adel aufgegriffen. Sie riefen deutsche Bauern, Handwerker, Kaufleute und Bürger ins Land und wiesen ihnen unbesiedeltes Land sowie Plätze in den bewaldeten Randgebieten zum Roden und Kultivieren zu.

So wurden im Jahre 1204 in Mähren unter dem Markgrafen Wladislaw ins Land gerufene Siedler nach deutschem Recht angesiedelt, "vocati iure teutonico" (hereingerufen mit dem Recht der Deutschen). Die systematische Einwanderung von Deutschen förderte bereits König Přemysl Ottokar I. (ab 1198). Er erhielt dafür 1212 vermehrte Rechte sowie als Reichsfürst die Kurwürde. In den folgenden 100 Jahren wurde von seinen Nachfolgern Wenzel I., Přemysl Ottokar II. und Wenzel II. die Ansiedlung von Deutschen und die Gründung von Städten intensiv betrieben. Sämtlichen damals in Böhmen und Mähren gegründeten Städten wurde deutsches Stadtrecht verliehen (außer der Stadt Tabor, die rund 150 Jahre später von den Hussiten gegründet wurde).

Selbst nach dem Aussterben des Přemysliden-Geschlechts 1306 wurde die Ansiedlung deutscher Bauern, Handwerker und Bergleute, die schon über modernere und leistungsfähigere Arbeitsmethoden verfügten, auch durch die Luxemburger König Johann und Kaiser Karl IV. (1346-1378) weiter betrieben.

So kann man sagen, daß in Böhmen und Mähren durch 200 Jahre hindurch laufend Deutsche ins Land gerufen wurden. Das sind die Vorfahren unserer heutigen Sudetendeutschen. Es wird angenommen, daß am Ende dieser Siedlungsepoche in Mähren neben der slawischen Bevölkerung eine von Süden bis Norden durchgehende deutsche Besiedlungsbrücke vorhanden war.

 

Die mittelalterliche Stadt

Brünn gliederte sich im Mittelalter in vier Stadtviertel:

  • das Viertel der Slawen um den Petersberg mit dem späteren Dom St. Peter,
  • das Viertel der Deutschen, Flamen und Niederländer mit der Kirche St.Jakob,
  • das Viertel der Romanen (Wallonen, Italiener) mit der Kirche St.Nikolaus (Nikolai) auf dem Großen Platz,
  • das Viertel der Juden längs der späteren Masarykstraße bis zum Judentor mit dem Judenhaus (Synagoge).

Diese nationale Vielfalt der Einwohner bewirkte eine eigenartige Entwicklung Brünns. Von den drei Nationalitäten, die bisher nebeneinander an dem Ausbau und der Entwicklung der Stadt mitgewirkt hatten, den Deutschen, Romanen und Slawen, behaupteten nur die ersteren ihre nationale Art und prägten diese dem ganzen Gemeinwesen in Sprache und Rechtsgewohnheit auf.

Die Wirtschaftskraft hat Brünn 100 Jahre nach der Stadterhebung zu einer ersten Blüte verholfen. Beigetragen hat dazu die Lage am Kreuzungspunkt mehrerer Handelswege, die nach den Häfen an Nord- und Ostsee sowie an der Adria führten. Gefördert wurde der Handel durch Wochen- und Jahrmärkte, 1306 gewährte Rudolf von Habsburg Zollfreiheit in ganz Böhmen und Mähren, 1377 mußten alle Händler aus Österreich, Ungarn und Polen ihre Waren zuerst in Brünn anbieten. Die Echtheit der Brünner Tuche mußte seit 1351 mit dem Brünner Stadtsiegel bestätigt werden.

Für den Bau von Stadtmauern und Toren gewährte König Wenzel 1305 Steuerfreiheit. Erstmals erwähnt wurde das Renner Tor 1252, das Brünner Tor 1269, das Judentor 1261 und das Mönitzer Tor 1293. Dem gleichen Zweck diente die Verordnung von 1348, nach der der "Judenzins" der Stadt verblieb. Seit 1345 fanden Juden freie Aufnahme in Brünn. Während den Christen das Zinsnehmen verboten war, war es den Juden gestattet. Da sie geliehenes Geld nicht gerichtlich einfordern konnten, mussten sie das Risiko mit relativ hohem Zinssatz abdecken, was sie manchmal auch wohlhabend machte.

In dem Losungsregister von 1343, dem Verzeichnis der Steuerpflichtigen, findet man nicht weniger als 77 verschiedene Berufe.

Wo es Geld gibt, gibt es alles was käuflich ist. So ist für das weltoffene Milieu der Handelsstadt Brünn, die im 14.Jahrhundert rund 8000 Einwohner zählte (Prag 9000, Nürnberg 30 000), das Vorhandensein von drei Dirnenhäusern nicht verwunderlich. Damals hatte Brünn aber auch fünf Bäder.

Brauch- und Löschwasser wurde durch die "Wasserkunst" von 1415 unterm Petersberg aus der Schwarza unfiltriert in die Stadt hinaufgepumpt. Trinkwasser lieferten Hausbrunnen.

Seit der Mitte des 11.Jahrhunderts wurde in der Stadt Geld geprägt. Der Münzmeister war der erste uns 1234 namentlich bekannt gewordene Brünner Bruno oder Brumo. Die Brünner Münze bestand bis 1648.

Die "Lange Brücke" über die Schwarza bei den Barmherzigen Brüdern in Altbrünn wurde 1492 von Hans Track erbaut. Davon zeugt eine Steinplatte mit der Inschrift "Hanns Track hat das volpracht 1492". Im Bereich der Stadtverwaltung taucht 1344 der erste "purgermaister" auf.

Im Rechtsbuch sind oft lateinische termini technici in der ,,lingua vulgaris", der Volkssprache, verdeutlicht, so z.B. clamorem terrificum, qui vulgo ,,Waffengeschrei" dicitur. Diese durchweg deutsch hinzugefügten Ausdrücke lassen unzweifelhaft folgern, daß die Umgangssprache in der Stadt Deutsch war. Deutsch wird mit anderen Städten korrespondiert. Deutsch schreibt 1378 der Markgraf "Dem Richter und den schepfen zu Brinn, unseren lieben getreuen ...". Deutsch liest der Judenmeister Isaak 1348 eine hebräische Urkunde vor Gericht vor, in deutscher Sprache wird der Eid geleistet und beurkundet.

Auch für das in Brünn Recht suchende Umland heißt es im Rechtsbuch: "Sintemal daß man die Menge der Schreiber und Gelehrten in Dörfern nicht hat, sind die Ackerrechte in deutscher Sprache, damit sie von den Bauern besser verstanden werden, niedergeschrieben worden."

In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ist eine expansive Tätigkeit des Brünner städtischen Gerichtes festzustellen, das eine rechtliche Oberinstanz ("Oberhof") für die Mehrzahl der Städte und Dörfer im Süden, Südwesten und Südosten von Mähren einnahm.

An schriftlichen Dokumenten aus jener Zeit besitzt das Archiv der Stadt Brünn (
Archív města Brna) eine Fülle äußerst interessanter alter Handschriften, von denen wir eine kleine Auswahl nachstehend erwähnen:

resa1kl.jpg (13137 Byte)zum Vegrößen anklickenDie "Älteste Brünner Rechtssammlung" (Bild links), auch "Brünner Rechtskodex" genannt, von 1330, in mittelhochdeutscher Sprache verfaßt, enthält Rechtstexte aus dem Schwabenspiegel von 1274, aus dem Magdeburger Recht, ferner das Iglauer Berg- und Stadtrecht von 1249 und natürlich das Brünner Stadtrecht von 1243. Die einzelnen Kapitel werden durch spätromanische Illuminationen (Buchausmalungen) aus einem um 1200 geschaffenen liturgischen Werk getrennt; Bild rechts zeigt eine davon. Der Umstand, daß die Sammlung in deutscher Sprache geschrieben ist, läßt erkennen, daß in Brünn zu jener Zeit die Deutschen maßgebend waren.

Schoefkl.jpg (6428 Byte)bergrekl..jpg (7673 Byte)Eine nicht weniger bedeutende Handschrift ist das "Brünner Schöffenbuch" (Bild links) des Stadtschreibers Johannes, das um 1355 in lateinischer Sprache geschrieben wurde. Es enthält eine Sammlung von 716 Gerichtsurteilen der Brünner Schöffen seit 1243 aus Brünn und Umgebung. Es war eine besonders wertvolle Grundlage für die Rechtsfindung im 13. und 14. Jahrhundert. Bild links zeigt eine Seite mit herrlicher Illumination des Textrandes und der Initiale R , in welcher der Stadtrichter während einer Verhandlung dargestellt ist.

Und das Bild rechts gibt den Anfang des Iglauer Bergrechts wieder, das von Johannes von Gelnhausen, der von 1379-1389 als Stadtnotar in Brünn gewirkt hat, aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt worden ist. Auf dem Bild ist in der Initiale U König Wenzel II. (1278 - 1305) auf dem Thron sitzend zu sehen, in der Mitte die Wappen von Polen, Böhmen, Mähren und Schlesien.

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Die Hussitennot

Der tschechische Reformator Jan Hus, von dem unfähigen König Wenzel IV. gefördert und 1409 als Rektor der Prager Karls-Universität eingesetzt, endete bekanntlich 1415 in Konstanz auf dem Scheiterhaufen, als Ketzer verurteilt vom großen päpstlichen Konzil. Seine Lehre hatte in Böhmen zahlreiche Anhänger gefunden, in Mähren immerhin den Adel begeistert. Seine Lehre hatte nicht nur religiösen Inhalt, sondern auch nationalen und sozialen Hintergrund und richtete sich somit gegen die Deutschen.

Sein Tod hatte einen Haß gegen die deutsche Obrigkeit zur Folge - denn Hus ist trotz des vom Kaiser Sigismund gegebenen freien Geleits verurteilt worden. Die verhetzten Volksmassen drangen in das Prager Rathaus ein und warfen den deutschen Bürgermeister und die Räte aus dem Fenster in die Picken der auf der Gasse tobenden Menge. Das war der " Erste Prager Fenstersturz" von 1419. Dieser löste die Hussitenkriege von 1420-1434 aus.

Die reformierten Anhänger, die Hussiten, richteten ihren Haß gegen die Deutschen, denn diese waren Katholiken und begütert; und Deutsch war die Sprache der Obrigkeit. Die katholischen Deutschen mußten das Land verlassen, ihr Eigentum wurde konfisziert.

Der Schlachtruf der Hussiten war: "Smrt Němcům ! " = Tod den Deutschen! Die Heere der Hussiten zogen plündernd, sengend und mordend durch Böhmen und Mähren, ja sogar durch Ungarn, Bayern, Schlesien und Brandenburg. Sie haben auch Brünn belagert. Durch Aufdeckung eines Komplotts einiger mit den Hussiten sympathisierenden Brünner Ratsherren, die den Belagerern nachts das Fröhlichertor heimlich öffnen sollten, wurden die Belagerer durch einen massiven Ausbruch der Verteidiger überrascht und in die Flucht geschlagen. Die Rädelsführer der Verschwörung wurden enthauptet. Brünn hatte die größte Gefahr siegreich überstanden.

Vergebens hatten die Hussiten die deutschen Städte Mährens zu erobern versucht. Um so grausamer tobte sich ihre Wut gegen die wehrlose Bevölkerung auf dem Lande aus. Ungezählte deutsche Dörfer gingen in Flammen auf, ihre Einwohner wurden erschlagen oder verschleppt. Tausende wurden von Haus und Hof verjagt. (Es war das Vorbild für 1945). Damals wurde die Umgebung Brünns tschechisch. Die tschechische Besiedlung wurde vom hussitisch gesinnten mährischen Adel unterstützt. Tatsache ist, daß ursprünglich die deutschen Gebiete von Brünn und Olmütz zusammenhingen; von den etwa 60 deutschen Dörfern dieses Gebietes blieben nur die wenigen von der Wischauer Sprachinsel übrig. Auch die Verbindung von Brünn nach dem südlichen geschlossenen Sprachgebiet ging verloren; es verblieb die deutsche Sprachinsel südlich von Brünn.

Brünn ist aber nach Beendigung der Hussitenkriege noch einmal belagert worden, und zwar 1457 von dem hussitischen König Georg von Poděbrad - aber vergeblich.

Die Hussitennot und die ständigen Wirren hatten einen wirtschaftlichen, sittlichen und geistigen Niedergang Brünns zur Folge. Aber es ist ein Zeichen des tapferen, aber auch frommen Sinnes der Brünner, daß gerade im 15.Jahrhundert aller Not zum Trotz der Dom umgebaut wurde und seine heutige Grundform erhielt.

Im Sommer 1451 predigte der italienische Franziskanermönch Johannes Capistranus, vom Papst in die hussitischen Länder geschickt, fünf Wochen lang von der Kanzel, die sich an der Nordseite des Domes befindet. Er predigte in lateinischer Sprache, der Augustinerprior Wilhelm von Köln übersetzte sofort ins Deutsche. Capistranus soll viele zum römisch-katholischen Glauben zurückgeführt haben.

 

 

Kulturelle Leistungen im 15. Jahrhundert

Kurz nach Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg erfolgte bereits 1469 der erste Buchdruck in Brünn. Der Steinbildhauer Anton Pilgram, aus Brünner altansässiger Steinmetz- und Maurerfamilie stammend, schuf zunächst das Sakramentshaus in der Heilbronner St. Kilianskirche, arbeitete ab 1502 in Brünn als Hüttenmeister bei der St.Jakobskirche, schuf das Judentor und 1511 das kunstvolle Portal des Alten Rathauses. Er ging dann nach Wien, wo er als "paumeister zu St.Stephan" den Altarfuß, den Kanzelfuß sowie das Sakramentshäuschen schuf.

Vom Umbau des Domes wurde bereits berichtet.

Es ist auch zu erwähnen, daß Brünn bereits im Jahre 1414 eine Wasserleitung erhalten hatte.

 

 

Der 30-jährige Krieg

Martin Luthers Reformation hatte in Brünn nicht nur im Bürgertum, sondern auch unter den Geistlichen, zum Teil auch in Adelskreisen starke Verbreitung gefunden. Brünn war damals zum Großteil evangelisch. Die Gegenreformation, vom katholischen Habsburger Kaiser befohlen, setzte mit Gewaltanwendung ein.

Unruhen infolge Zerstörung protestantischer Kirchen führten 1618 zum "Zweiten Prager Fenstersturz", bei dem kaiserliche katholische Beamte auf dem Hradschin die Opfer waren.

Karl von Žierotin, Angehöriger des mächtigsten mährischen Adels, zwar Angehöriger der Böhmischen Brüdergemeinde, aber den deutschen Protestanten wohlgesonnen, hatte 1619 in Mähren die Regierung übernommen und vertrieb alle katholischen Landesbeamten und Geistlichen. Kaiser Ferdinand II. wird von den Ständen im August 1619 abgesetzt, die protestantischen Stände wählen Friedrich von der Pfalz zum König. Dieser wird in der Schlacht "Am Weißen Berg" 1620 geschlagen.

Im Zuge der Gegenreformation verurteilte der Oberste Gerichtshof unter Vorsitz des Kardinals Dietrichstein über 24 Adelige und Bürger zum Tod. Güterkonfiskationen betrafen über 300 Personen und 135 Güter. Fürst Liechtenstein, der in der Schlacht am Weißen Berg durch seine Dragoner die Schlacht entschieden hatte, erhielt eine große Anzahl konfiszierter Güter. Karl von Rierotin flüchtete nach Breslau, Jan Amos Komenský (Comenius), der große Pädagoge und letzte Bischof der Böhmischen Brüdergemeinde, mußte ins Ausland gehen. In Brünn herrschte "Friedhofsruhe".

swebelkl.jpg (15299 Byte)Von den Schweden wurde Brünn im Jahre 1643 zum ersten Mal belagert. Der kaiserliche General Gallas schickte Entsatz, worauf die Schweden abzogen.

Die zweite Belagerung Brünns durch die Schweden dauerte vom 3.Mai bis 15.August 1645. Brünns Bürger, verstärkt durch wenige Soldaten, wehren unter dem Kommandanten Radwit de Souches, einem Hugenotten in kaiserlichen Diensten, das mehr als zwanzigfach stärkere schwedische Hauptheer erfolgreich ab. Dadurch war den Schweden der Weg nach Wien versperrt. Kaiser Ferdinand III. verleiht der Stadt zum Dank wichtige Privilegien und das Reichsstadtwappen. Brünn ist nunmehr alleinige Hauptstadt Mährens. Durch den Krieg waren weite Landstriche verwüstet, die Bevölkerung war verarmt. Der Westfälische Friede beendete 1648 diesen Krieg. Das Bild zeigt einen Stadtplan von Brünn aus der Zeit der Schwedenbelagerung.

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Raduit de Souches – der Retter Brünns vor schwedischer Bedrängnis

Kurzfassung / Langfassung

 

Aufschwung und Barockkunstwerke

In der Notzeit nach dem mörderischen Krieg brach überdies in Brünn die Pest aus, die 1648 innerhalb von fünf Monaten mehr als 2000 Menschen das Leben kostete.

Allmählich normalisierte sich das Leben, aber die Pest brach erneut aus und forderte zwischen 1660 und 1680 viele Opfer. Nach dieser Epidemie wurde auf dem "Unteren Markt" (Großen Platz) eine Säule zu Ehren der Muttergottes errichtet.

Im Jahre 1683 waren die Türken vor Wien. Brünns Umgebung wurde durch Raubzüge schrecklich verwüstet.

Dennoch war die zweite Hälfte des 17.Jahrhunderts eine Zeit des Aufschwungs. Brünn übte eine wachsende Anziehungskraft aus. Künstler kamen von nah und fern in die Stadt, Maler, Bildhauer, Goldarbeiter, Architekten und Bauleute aus Italien, auch Buchdrucker und Buchbinder aus Deutschland. Der Adel zog nach Brünn und ließ sich stattliche Häuser und Paläste errichten.

Im Jahre 1693 wurde der Merkurbrunnen geschaffen und auf dem Großen Platz aufgestellt,1696 der großartige Parnaß-Brunnen auf dem Krautmarkt nach Plänenvon Fischer von Erlach. Brünn wurde der Mittelpunkt des Handels in Mähren. Mit wachsendem Wohlstand gab es Unterhaltung und Belustigungen. Großartige Schauspiele führten die Jesuiten mit ihren Schülern auf, einige musikalische Abte und Mönche veranstalteten musikalische Aufführungen, deren Stoff meist der Heiligenlegende entnommen war. Schauspielertruppen und Sänger kamen nach Brünn.

Es entstand in Brünn das erste Kaffeehaus, von einem zurückgebliebenen Türken errichtet - den Kaffee hatte man von den Türken kennen gelernt.

Brünn hatte damals etwas 360 Bürgerhäuser und rund 80 Gebäude, die Adeligen und Geistlichen gehörten. Im Jahre 1770 zählte Brünn etwa 15 000 Einwohner.

Die Blüte des österreichischen Barocks bescherte der Stadt großartige Bauten. Der aus Bayern stammende Barock-Baumeister Mauritz Grimm, der 50 Jahre in Brünn wirkte, schaffte eine Vielzahl von Bauten, wie die Loretto-Kapelle, die Minoritenkirche, die Vollendung des Landhauses am Dominikanerplatz und den Klosterbau St. Thomas.

Der Österreicher Daniel Gran malte das Deckengemälde im Landtagssaal des Landhauses, Johann Georg Etgens die phantastischen Deckenfresken in der Minoritenkirche, Johann Georg Schauberger schuf Hauptaltar und Kanzel der Jesuitenkirche, Winterhalder ist der Schöpfer der gewaltigen Kanzel des Petersdomes. Damals entstanden auch die Heiligenfiguren vor der Dominikanerkirche.

 

 

Und wieder leidet Brünn unter Kriegseinwirkungen


Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich, seit 1840 Königin von Böhmen und Ungarn, noch später Kaiserin, wurde, kaum daß ihr Vater Karl
VI. zur ewigen Ruhe gebettet worden war, mit Kriegen überzogen (Schlesische Kriege, Österreichischer Erbfolgekrieg), wodurch sie ihre Reformpläne fürs erste zurückstellen mußte.
Erster bei dem Kampf um Beute war der jugendliche Held der damaligen Zeit: Friedrich
II. von Preussen, der später "der Große" genannt wurde. Er besetzte nicht nur das österreichische Schlesien, wo er, außer in Neisse, keinen Widerstand antraf, sondern rückte anschließend auch in Mähren ein.

Die Preussen vor Brünn
Christian d' Elvert schreibt dazu wörtlich:

Den 9.Februar des Jahres 1742 ........rückte der Feind eine halbe Stunde vor Brünn, und umschloß Stadt und Spielberg beinahe ganz. Viel hing davon ab, wie sich Brünn halten und dem weitern Vordringen der Feinde wehren werde."

"Schlesien und Mähren waren von Preussen und Sachsen, Böhmen von Franzosen, Baiern und Sachsen überschwemmt... ein guter Theil von Oestreich war von Baiern besetzt und des Kaiserreiches Hauptstadt mächtig bedroht ...; wer hätte da nicht jeglichen Glauben an Rettung aufgeben mögen ? Theresia gab nicht auf!

Und er beschließt das Kapitel mit folgenden Worten:

"Endlich rückte Prinz Karl von Lothringen mit dem neu ausgerüsteten Heere zum Entsatze heran und am 7.April hoben die Feinde die Bloquade Brünns auf, und zogen, im Rücken stets beunruhigt, auf der Straße nach Wischau ab. Furchtbar hausten die Preussen und Sachsen in Plünderung und Brand in der Umgegend Brünns; vom 27. März bis zur Zeit ihres Abzuges färbte sich fast täglich der Himmel blutroth und weit und breit flammende und knisternde Feuersäulen der benachbarten Dörfer Barfuß, Strzelitz, Schlappanitz, Brisenitz, Judendorf, Medlanko, Franspitz, Lautschitz, Turas und anderer umleckten ihn, gleichsam um Rache aufschreiend."


Die Josephinische Zeit

Aber verlassen wir Maria-Theresia; wenden wir uns ihrem Sohne Josef zu, der bis 1780 ihr Mitregent war. Sein Wirken übertraf das seiner Mutter nicht, aber es kam ihm gleich; wenn auch auf einer ganz anderen Ebene. Es war so bedeutend, daß die Historiker noch heute vom "Josephinismus" sprechen.

Während Maria Theresia tief religiös und kirchlich gebunden war, neigte ihr Sohn Joseph mehr zu einem aufgeklärten, allerdings katholisch geprägten Absolutismus.

Er setzte die von seiner Mutter begonnenen Reformen --Heeresreform, Staats- und Verwaltungs-reform, Zentralverwaltung-- entschlossen fort; ergänzte sie durch eine Justizreform und schaffte, als Mann der Aufklärung, die Leibeigenschaft ab.

Er lebte von 1741 - 1790 und war als Kaiser Joseph II. sehr häufig in Brünn, so zwischen 25 und 30 Besuche wurden gezählt. Er besuchte die Kasematten auf dem Spielberg und ließ sie anschließend sperren; besuchte auch die Brünner Tuchfabriken und zeigte höchstes Interesse für die aufblühende Industrie. Er gab den Augarten, der bis dahin den Ständen vorbehalten war, für das Volk frei. Sogar in der CSR sah man in den deutschen Schulen noch das Bild des Kaisers, wie er bei Slawikowitz einen Bauern bei seinem Pflug ablöste und selbst eine Furche zog.

Er löste Im Zuge der sogenannten Säkularisierung viele Klöster auf und wies den verbleibenden neue Aufgaben zu, die sie aus dem bis dahin geübten, überwiegend kontemplativen Leben herausführten, und sie durch die Pfarrseelsorge, Krankenpflege und durch Betätigung im Schuldienst stärker mit der Bevölkerung verbanden.

Vor allem aber, er erließ das sogenannte Toleranzedikt, das Jedermann Glaubensfreiheit zusicherte; ein für die weitere Entwicklung Brünns sehr wichtiger Erlaß. Den Juden wurde der Besuch aller öffentlichen Schulen sowie die Ausübung von Berufen gestattet, die ihnen bisher verschlossen waren. Ferner konnten dadurch evangelische Bürger Brünns zurückkehren; und auch weiteren Persönlichkeiten aus dem Reich war der Weg nach Brünn geebnet. Kein Wunder, daß die Herzen der Brünner diesem jungen Kaiser bei jedem Besuch entgegenschlugen.

Brünn mußte aber noch weitere Kriegsereignisse über sich ergehen lassen.'
Als Napoleon dabei war sich Europa zu unterwerfen, eroberte er am 15. November 1805 Wien und kam anschließend mit 12 000 Soldaten nach Brünn, wo er Quartier nahm. Für seine Soldaten mußte die Stadt täglich 26 000 Pfund Fleisch, 20 000 Laib Brot und mehrere tausend Fuhren Hafer abliefern. Auch nach der "Dreikaiserschlacht" bei Austerlitz (2. Dezember 1805) ließ die Not noch nicht nach, da für die vielen Verwundeten gesorgt werden mußte.
Ein zweites Mal wurde Brünn von den Franzosen nach der Schlacht bei Wagram (1809) zwei Monate lang besetzt.
Und eine weitere Besetzung und Einquartierung mußte Brünn erleiden, als im Preußisch-Österreichen Krieg von 1866 die Preußen Brünn eingenommen hatten.
    

Wie sah Brünn damals aus?

Die Zahl der Einwohner kannte man nicht genau. Dies änderte sich erst, als Maria-Theresia 1762 eine jährliche Volkszählung anordnete.

So wissen wir heute, daß Brünn im Jahre 1770 rd. 15.000 Einwohner hatte. Innerhalb von 20 Jahren stieg die Zahl auf 23.000. 1850 waren es bereits 37.500

Diese steigende Zahl beweist, daß es Weiterentwicklung gegeben hatte, auf allen Gebieten. Diese hielt auch nach der Theresianischen und Josephenischen Zeit an.

Bis zur Jahrhundertwende wurde eine ganze Reihe von Zweckbauten errichtet: eine Polizei-direktion, ein Armenhaus, eine Blindenanstalt, eine Gebäranstalt. Die Festungsanlagen wurden eingeebnet und Grünanlagen geschaffen (das Glacis), Stadttore wurden abgetragen, die Straßen gepflastert und später (mit Gas) beleuchtet. Noch in der CSR waren ganze Stadtteile mit Gaslicht ausgestattet; und abends waren es die "Laternanzünder", die mit ihrer Stange die Schieber oben an den Laternen auf- bzw. zumachten
.

 

Stürmische Entwicklung der Industrie


Die stärksten Entwicklungsimpulse aber gingen von der Tuchindustrie aus, die bald, z.T. mit staatlicher Förderung, das Niveau ausländischer Produkte erreichte. Die Namen dieser Pioniere, Köffiler und Offermann, waren damals sogar als Straßennamen zu lesen.

Zwar brachte der russisch-türkische Krieg, in den sich Österreich hatte verwickeln lassen, den Verlust östlicher Absatzgebiete und damit einen spürbaren Rückschlag. Aber skurrilerweise brachten andere Kriege wieder die Erholung. Napoleon war es, der mit seiner Kontinentalsperre, mit der er die Engländer treffen wollte, den Boom bei inländischen Stoffen hervorrief. 1813 zählte man in Brünn schon 23 Tuchfabriken.

Der nächste Rückschlag ließ nicht lange auf sich warten. Die Völkerschlacht bei Leipzig (1813) läutete Napoleons Untergang ein, die Kontinentalsperre gab es nicht mehr, ausländische Tuche eroberten sich wieder die alten Märkte. Dazu kamen noch neue russische Zollgesetze; kurz -- nur die Tüchtigsten der Brünner Tuchindustrie überlebten.

Gefördert wurde die allmähliche Erholung der Tuchindustrie durch die nun stürmisch einsetzende Mechanisierung, durch die Kraft der Dampfmaschine. Plötzlich war alles anders. Was bis dahin nur von Wind- oder Wasserkraft, Pferde- oder Menschenkraft vollbracht werden konnte um Dinge oder Maschinen zu bewegen, verrichtete nun die Kraft erhitzten Wassers, der Dampf.

Ein Mann aus Metzingen bei Reutlingen namens Luz, machte diese neue Kraft in und für Brünn nutzbar. Er gründete in Schlapanitz die erste Maschinenbau-Fabrik und erzeugte als erster in Österreich fabrikmäßig Dampfmaschinen. Durch Fusion mit der Maschinenfabrik des Engländers Bracegirdle entstand dann die berühmte "Erste Brünner Maschinenfabrik". Damit war für Brünn ein zweiter Industriezweig geboren, der bis in die Gegenwart bestimmend geblieben ist.

Wir wollen hier aufhören, und die Entwicklung Brünns, das bis ca. 1850 als Großgemeinde bezeichnet werden konnte, nicht weiter verfolgen. Es war der Weg zur Großstadt, ein Weg des ständigen Erfolges. Und dieser war maßgeblich bestimmt durch Brünns Bürgermeister.
Wenn Sie mehr über diese wissen wollen, klicken Sie auf Die deutschen Bürgermeister Brünns


Brünn nach 1918

Dies alles ging 1918 mit der Gründung der Tschechoslowakischen Republik zu Ende; oder sagen wir milder, es ging weiter, wenn auch in verwandelter Form. Wenn auch die deutschen Straßennamen verschwanden, Ehrentafeln abgerissen, Denkmäler zerstört und Ehrengräber am Zentralfriedhof eingeebnet sind -die Erinnerung an die großen Leistungen dieser Bürgermeister bleiben ebenso unzerstörbar wie die Zeugnisse ihres Handelns.

Auf Dauer können ihre Namen aus der Geschichte unserer Heimatstadt nicht mutwillig getilgt sein oder getilgt bleiben.

Über Jahrhunderte lebten Menschen der unterschiedlichsten Herkunft in dieser Stadt. Wenn auch die deutsche Dominanz über hunderte von Jahren unverkennbar ist, so finden wir auch Angehörige vieler anderer Völkerschaften in dieser Stadt in friedlichem Wettstreit vereint.

Spannungen brachte das 19. Jahrhundert mit dem Erstarken des Nationalismus. Während sich die Nationalitätskämpfe und Auseinandersetzungen bis zum Beginn des 2. Welt-krieges noch in relativ geordneten Formen abspielten, veränderte das Geschehen während des 2. Weltkrieges durch den aus dem Reich importieren Rassenwahn die Verhältnisse radikal.

Er warf die Menschheit ins finsterste Mittelalter zurück. Alles, was vom Zeitalter des Humanismus und der Aufklärung auf uns überkommen war, brachte der Nationalsozialismus mit dem Genozid des Judentums, der Sinti und Roma, und mit der Euthanasie zu Fall.

Was sich nach dem Kriege bis heute in dieser Richtung abspielt, ist gewissermaßen dieFort-setzung. So fiel es den siegenden Kräften leicht, das durchzusetzen, wofür heute der heimtückische (und zugleich verharmlosende) Ausdruck "ethnische Säuberung" gefunden wurde, hinter dem sich so viel Unmenschlichkeit versteckt.


Die Vertreibung der Deutschen

Das Verjagen der Deutschen aus ihrer Heimatstadt, unter menschenunwürdigen Bedingungen, Der Brünner Todesmarsch  war der Auftakt; die Vertreibung der Deutschen, aus den rein deutschen Randgebieten, egal ob geordnet oder weniger geordnet, ob vyhnání oder odsun, war die Fortsetzung. Es gereichte, wie man damals ahnte, und wie wir heute wissen, dem tschechischen Volk nicht zum Vorteil.

Dabei wäre es so einfach, wenn die Menscheit imstande wäre eines zu erlernen -was die christliche Lehre von Anbeginn predigte, wenn auch nicht immer beherzigte: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.

Toleranz, Duldsamkeit, das Geltenlassen des Anderen ist gefordert. Natürlich beruht das auf Wechselseitigkeit; aber einer muß den Anfang machen. Bloß, wenn selbst große Religionsgemein-schaften fanatische Alleinvertretungsansprüche, bis hin zu Mordaufträgen geltend machen, statt zu Toleranz zu erziehen-- wie soll es da besser werden?

Lassen wir uns nicht zu Haß und Unduldsamkeit verleiten; denken wir an Bertolt Brecht, der da sagte: "Auch der Haß gegen die Niedrigkeit verzerrt die Züge, Auch der Zorn über das Unrecht macht die Stimme heiser".

Bleiben wir gelassen und arbeiten wir geduldig weiter an der Versöhnung der Völker, die im Entstehen eines größeren Europas nötiger ist denn je; und nicht aufzuhalten ist, wenn es auch noch einige Zeit dauern wird. Der Wahrheit und Wahrhaftigkeit aber gebührt dabei der erste Rang.

Alle, die in der CSR groß geworden sind, erinnern sich noch an ihren Wahlspruch: "Pravda vítezí" - Die Wahrheit siegt. Nehmen wir den Wahlspruch als im Grunde richtig an--dann ist es richtig, daß Brünn über Jahrhunderte von deutschem Geist, deutschem Wagemut, deutschem Organisationstalent, kurz von deutschem Einfluß geprägt wurde.

Wir wollen aber auch bei der Wahrheit bleiben und nicht leugnen, daß in unserer Heimatstadt auch aus den tschechischen Bevölkerungsteilen Beiträge geleistet wurden, Impulse kamen, fruchtbare und anerkannte.Das war zumindest solange so, bis der schon erwähnte, unselige Nationalismus auf beiden Seiten, bei den Tschechen wie bei den Deutschen, seine destruktiven Kräfte immer stärker entfaltete. Seine Auswirkungen waren Intoleranz, Herrschsucht, Ablehnung bis hin zum Haß.

Die aus Brünn vertriebenen Deutschen sehen es als besondere Aufgabe an, Brückenbauer zu sein; zu arbeiten für ein humanes Zusammenleben von Tschechen und Deutschen, für ein Vergeben vergangener Sünden (was nicht Vergessen zu bedeuten braucht). Es ist eine dankenswerte Aufgabe, bei einer Verständigung unserer beiden Nationen, auf dem Wege in ein größeres Europa mitzuhelfen. Ähnlich, wie es Deutsche und Tschechen über lange Zeiträume in friedlicher Koexistenz und Zusammenarbeit in unserer Heimatstadt Brünn bewiesen haben.

Dies soll Vision und Aufruf zugleich sein.

 


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