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Deutsche und Tschechen (2/3)

 

2. Im tschechoslowakischen Nationalstaat

Hier erscheint eine Vorbemerkung wichtig.

Wir alle wissen, daß die Menschen ihre Ansichten und Meinungen zwar ändern, ihre Überzeugung aber, besonders in den reiferen Jahren, kaum; schon gar nicht, wenn diese Änderung unter Druck erzwungen wird und nicht aus Einsicht erfolgt.

Es wird daher schwer sein, dem tschechischen Geschichtsbild, wie es in den Jahrzehnten seit Ende des 2. Weltkrieges geschrieben und vermittelt wurde, eine andere Sichtweise entgegenzuhalten. Vor dem Hintergrund der "ethnischen Säuberung" Brünns von den Deutschen muß es aber versucht werden.

Die offizielle tschechische Version lautet: Die Deutschen haben unseren Staat (CSR), der auch ihrer sein sollte, verraten und uns an Hitler ausgeliefert. Sie haben es daher nicht verdient, dem neu gegründeten Staate wieder anzugehören.

Was verschwiegen wird, ist die Tatsache, daß die Deutschen diesen Staat von Anfang an gar nicht wollten und 1918 in ihn hineingezwungen wurden, wobei auch vor Waffengewalt nicht zurückgeschreckt wurde. Es ist eine Tatsache, daß sie trotzdem lange, lange Jahre versuchten, ihm loyal zu dienen, z.B. auch mit deutschen Ministern in der Prager Regierung. Und das, obwohl man ihnen ihr Selbstbestimmungsrecht vorenthalten hatte; und trotz der permanenten Benach-teiligungen, die auch in Brünn spürbar waren, wenn auch in wesentlich gemäßigterer Form als in den rein deutschen Randgebieten.

Und was ferner die Wahrheit ist: Die Abtrennung der rein (sudeten-) deutschen Randgebiete erfolgte 1938 auf Empfehlung durch England, Frankreich und Italien, den Verbündeten der Tschechoslowakei, und ohne daß diese konsultiert worden wäre; nicht auf Wunsch der Brünner Deutschen. Auch die Besetzung des tschechoslowakischen Reststaates geht nicht auf den Wunsch der Brünner Deutschen zurück, sondern erfolgte durch Hitler, unter Bruch aller Versprechungen durch einen völkerrechtswidrigen Coup.

Nun aber zur Gründung des tschechoslowakischen Nationalstaates.
Weitblick des Siegers ist nicht festzustellen, man wiederholte das, worunter man in der k.u.k Monarchie gelitten hatte.Und man wiederholte es nicht nur, man übertraf es.
Das Gruppenrecht, das die etwa 6,4 Millionen Tschechen für sich im alten Österreich gefordert hatten, wurde nun den etwa 3,2 Millionen Deutschen verweigert; sie wurden zur "Minderheit", und damit wurde die Gleichberechtigung, wie sie die österreichische Verfassung noch kannte, aufgegeben.

Rašin schrieb 1920 in der Prager "Volksstimme": "Den tschechoslowakischen Staat haben wir uns erkämpft, und er muß ein tschechischer Staat bleiben.... Wir haben nach den Friedensbedingungen das Recht, unsere Angelegenheiten so einzurichten, als ob andere Nationen überhaupt nicht existieren würden".

Auch Äußerungen T.G.Masaryks lassen erkennen, daß er seine früheren Ansichten verleugnete: "Die von den Deutschen bewohnten Gebiete sind unser Gebiet und werden unser bleiben.... Wir haben diesen Staat erstritten, und die staatsrechtliche Stellung unserer Deutschen, die einst als Auswanderer und Kolonisten hierher gekommen sind, ist damit festgelegt".

Man kann allerdings auch anderes lesen.

Emanuel Rádl, Professor an der Prager Karls-Universität, schrieb schon im Jahre 1928: " Die Anerkennung des neuen Staates wurde den Deutschen nicht leicht gemacht. Die herrschende Theorie lehrt, daß der Sinn des Tschechentums im Kampf gegen das Deutschtum liegt, und tatsächlich ist die Politik unserer Republik nach dem Weltkrieg zum großen Teil ein Krieg des Staates gegen die inländische deutsche Bevölkerung. Wie konnten die Deutschen unter diesen Umständen den Staat anerkennen?"

 

3. Heim ins Reich

Beginn und Ursachen einer verhängnisvollen Entwicklung

Haben die Sudetendeutschen die ČSR verraten ?
Diese Behauptung hat sich in der tschechischen Geschichtsschreibung eingenistet. Sie dient als Begründung für die von Benesch per Dekret angeordnete Vertreibung der Deutschen aus dem wieder errichteten tschechischen Staat im Jahre 1945. Dieser verkürzten historische Sichtweise und Darstellung ist zu widersprechen. Erstens weil die Sudetendeutschen immer nur "Objekt" waren. Es wurde über sie entschieden,  sowohl 1918/19 von den Westmächten in  Versailles bzw. St. Germain; und 1938 von Rom, Paris, London und Berlin in München. Und zweitens, weil die wahren Gründe verschwiegen werden, die letztlich zu den Rufen "Wir wollen heim ins Reich" führten: die Unterdrückung und gewaltsame Slawisierung in der neu gegründeten ČSR.         

Für die aktuelle tschechische Geschichtsschreibung beginnt alles mit dem "Münchner Abkommen", als sich verbündet geglaubte Staaten den Forderungen des Deutschen Reiches  beugten und der Abtrennung der Sudetengebiete zustimmten. Was davor lag, wie die erste Republik entstand, wie sie mit dem deutschen Bevölkerungsanteil umging – das läßt man unter der Decke.
Das aber gilt es aufzuklären und auch den tschechischen Besuchern dieser Website in ihrer Sprache vor Augen zu führen. Erfreulich ist, daß jetzt, 2013, wenn auch vorerst nur vereinzelt, Stimmen auftauchen, die sogar in der Tagespresse die Tschechen auffordern umzudenken. Zwar vorerst nur über die unschönen Begleitumstände der Vertreibung und die negativen Folgen; weniger über die wahren Ursachen. Diese Stimmen werden sich vermehren, je mehr von der Betonkopfgeneration die Erde verlassen. Die Enkelgeneration (und deren Kinder) werden die tschechische Historie ab  den Versailler Verträgen ohne Indoktrination zu betrachten lernen und damit auch die Enstehungsgeschichte ihrer Republik und die Vorgeschichte des Münchner Abkommens.

Wir wollen dabei Hilfestellung geben und kehren zum Ausgangspunkt zurück. Das panslawistische Sendungsbewußtsein prägte die Staatsraison der ersten tschechoslowakischen Republik: das deutsche Element der Randgebiete ("Sudetenland") muß slawisiert werden. Das wurde auf verschiedenen Wegen eingeleitet und soll an einigen Beispielen aufgezeigt werden.

Die Arbeitslosigkeit unter den Deutschen wurde systematisch dadurch gefördert, daß Staatsaufträge nur an Firmen vergeben wurden die wenigstens 50 % tschechische Arbeiter beschäftigten. Bei der Firma Škoda unterzukommen war für eine Deutschen unmöglich. Firmen die Rüstungsaufträge erhalten wollten, mußten alle deutschen Mitarbeiter entlassen. Für sogenannte Notstandsarbeiten (z.B. Straßenausbesserungen) im Sudetenland wurden tschechische Arbeitslose in Kolonnen aus dem Binnenland herangeführt. Die deutschen Arbeitslosen standen am Straßenrand schauten zu. So stieg z.B. bei der Weltwirtschaftskrise ab 1929 die Zahl der Arbeitslosen auf 800 000, von diesen waren aber 28 % Deutsche. Das heißt: Auf 1000 tschechische Einwohner entfielen nur 40 Arbeitslose; auf 1000 deutsche Einwohner dagegen 90.

Braucht man sich da zu wundern, wenn ein deutscher Arbeitsloser, dem Arbeit oder Unterstützung in Aussicht gestellt wurde, wenn er seine Kinder in einen tschechischen Kindergarten, in eine tschechische Schule zu schicken bereit sei, der Verlockung nicht widerstand? War er nicht bereit blieb er eben arbeitslos und bekam — nichts. Er durfte mit seiner Familie weiterhungern.

Überhaupt: Jugend und Schulen.

Da wurde einfach verfügt, daß die Klassenstärke an deutschen Schulen 40 betragen muß. Wurde dies nicht erreicht, wurde die Schule geschlossen. Dagegen genügte tschechischen Schulen, die in den deutschen Randregionen  für tschechische "Neusiedler" wie Pilze aus dem Boden schossen, eine Klassenstärke von 4 (tschechischen) Kindern.
Eine weitere "Entdeutschungsmaßnahme"  griff am 21.12. 1925 als 18 000 Staatsangestellte deutscher (oder magyarischer) Volkszugehörigkeit einfach entlassen wurden; ohne Pension, ohne Abfindung, ohne jede andere Hilfe.

Ein weiteres Druckmittel bot die Sprachendurchführungsverordnung vom 3.2.1926.- In dieser wurde gefordert, daß jeder Beamte oder Angestellte des Staates die tschechische Sprache in Wort und Schrift beherrschen und dies durch Prüfung nachweisen müsse. Ein willkommenes Hilfsmittel durch überzogene Fragestellung während der Prüfung die "Unfähigkeit" des Bewerbers festzustellen. Da konnte man gelernt haben wieviel man wollte: Durchgefallen — also entlassen. Betroffen davon waren über 33 000 Sudetendeutsche.
Vorbei war das Gesäusel der tschechischen Politiker, in und vor Versailles, von der Errichtung einer "Zweiten Schweiz" im Herzen Europas.

Es waren die deutschen Sozialdemokraten, die sich Abhilfe dadurch erhofften, daß sie in die Regierung eintraten. Die hohe Zahl der deutschen Arbeitslosen bestärkte sie darin. Dr.Czech, Vorsitzender der deutschen Sozialdemokraten übernahm das Ministerium für soziale Fürsorge. Da konnte er Almosen verteilen, mehr war es nicht, durch Einführung von Lebensmittelgutscheinen die an das Heer von Arbeitslosen mit ihren unterernährten Familien gingen. Mehr konnte weder er, noch der zweite, später noch ein dritter deutscher Minister bewirken. Die weiterhin anhaltenden Drangsalierungen der Deutschen konnten sie nicht verhindern. Nicht verständlich, daß das Heer der Arbeitslosen begann sich anderen politischen Kräften zuzuwenden?

Machen wir einen großen Sprung. Der Gegendruck formierte sich in der Sudetendeutschen Heimatfront, die sich vor den Wahlen 1935 auf Wunsch der Regierung "Sudeten-deutsche Partei" nennen mußte. Diese setzte noch jahrelang auf Verhandlungen, und beendete den verweigerten Dialog erst 1938 mit der Forderung nach Autonomie. (Das gleiche forderten auch die Slowaken.) Da selbst Gespräche über diese Forderung verweigert wurden zeigte sich mit zunehmender Deutlichkeit, daß ein Verbleiben in diesem Staate, der sich als Unterdrückungsstaat erwiesen hatte, nicht mehr in Frage käme. Der aufgestaute Volkszorn mündete dann eben im dem Rufe "Wir wollen heim ins Reich".

Dieses, das Deutsche Reich, sah sich zunehmend als Schutzmacht der Sudetendeutschen und nahm diese Rolle wahr. Sicher waren damit auch Eigeninteressen verbunden.
Der Druck aber, der hinter diesen Rufen stand ließ die "Westmächte" des 1. Weltkrieges, die die Entstehung der ČSR wohlwollend gefördert hatten, Frankreich, vor allem England nicht ruhig schlafen. Sie drängten Beneš mit den Sudetendeutschen zu verhandeln, verlangten Zugeständnisse. Ihre Hoffnungen aber zerstoben, als die ČSR am 21. Mai 1938 mobilisierte. Zur Begründung wurde angegeben, das Deutsche Reich habe Militär an den Grenzen versammelt. Es war erfunden und konnte zu keiner Zeit bewiesen werden.

Die Situation spitzte sich weiter zu, als für die Sudetengebiete das Standrecht verhängt und weitere Truppen stationiert wurden. Auch Menschenopfer waren die Folge.
England drängte die tschechische Regierung der Einreise einer unabhängigen Kommission zuzustimmen, die sich unter der Leitung eines britischen Politikers, Lord Runciman, ein Bild von der Lage machen und der britischen Regierung berichten sollte. Die Kommission reiste durch das Land "bis zur Erschöpfung", wie Runciman in seinem Bericht nach London festhielt.

Als Resultat bestätigte er die Benachteiligungen und Mißstände, von denen ein Teil bereits weiter oben geschildert wurde, in vollem Umfang; verwies aber auch darauf, daß man Verständnis haben müsse für die zu Ende gegangene Geduld der deutschen Gesprächspartner und damit verbundene , gelegentliche Übergriffe.

Machen wir es kurz. Hitler verlangte eine Lösung bis zum 1.Oktober. Da sich die tschechische Regierung auch der Forderung nach Autonomie verschlossen hatte, sprach er nun von Anschluß oder Angriff. Der britische Premier Chamberlain, dem dies auch mitgeteilt worden war, sah die Kriegsgefahr, was ihn veranlaßte ein persönliches Gespräch mit Hitler zu suchen. Zuerst auf dem Berghof Hitlers bei Berchtesgaden in Bayern, das zweite Gespräch am 22. September in Bad Godesberg.Einen Tag später, am 23. September verkündete die tschechische Regierung ungerührtdie Generalmobilmachung. Die Kriegsgefahr stieg. Es vergingen noch fünf Tage, dann bat Chamberlain Mussolini um Vermittlung. So kam es zur Münchner Konferenz mit dem bekannten Ergebnis.

Die Tschechen beklagten das "treulose" Verhalten ihrer Verbündeten, aber auch der sudetendeutschen Staatsbürger, denen sie Verrat am Staate, also Hochverrat vorwarfen.

Ihren eigenen Anteil an dieser Entwicklung, den wir nur stichwortartig darlegten und der die wahre Ursache darstellt,  den leugnen sie bis heute oder wollen ihn nicht sehen.
Der tschechischen Jugend blieb er wohl bis heute, dank der kommunistischen "Desinformation" verborgen.                                                    

(BHB 2013)       erpi

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